Wege zur Musikschule

Zusammenfassung der Master Thesis im Rahmen des Master of Advanced Studies in Musikmanagement, Hochschule der Künste Bern, 2013 von Martin Sonderegger

Fast jede zweite erwachsene Person in der Schweiz hat gemäss einer Erhebung des Bundesamtes für Statistik von 2008 in ihrem Leben während mindestens einem Jahr Musikunterricht besucht. Jedoch gaben nur 2% der Bevölkerung an, den Unterricht länger als 5 Jahre besucht zu haben. Die Master Thesis «Wege zur Musikschule – Schülerwerbung und -information an Musikschulen» im Rahmen des Master of Advanced Studies in Musikmanagement von Martin Sonderegger befasst sich mit der Frage, wie neue Schülerinnen und Schüler an die Musikschule gelangen, aber auch mit dem Weg, den sie an der Musikschule gehen.

Ausgehend von drei ausgewählten Musikschulen (Musikschule Worblental/Kiesental BE, Jugend-musikschule Weinfelden TG, Regionale Musikschule Dübendorf ZH) wurde aufgrund von Interviews mit den Schulleitern sowie einer elektronischen Schülerumfrage ein Bild zu gängigen Informations- und Werbemassnahmen der Musikschulen sowie zur Motivation, Instrumenten-, Musikschul- und Lehrpersonenwahl der Musikschüler gezeichnet. Mithilfe von statistischem Zahlenmaterial der Musikschulen sowie von Verbänden wurde versucht, längerfristige Instrumententrends abzubilden. Dies war jedoch schwierig, da die Verbände erst seit wenigen Jahren einheitlich die Zahlen zu einzelnen Fachbelegungen erfassen. Bei der Schülerumfrage gaben die Musikschülerinnen und -schüler an, dass sie gleichermassen über die Familie und über die Musikschule auf ihr Instrument aufmerksam wurden. Hingegen spielen die Medien (Radio, TV, Internet) dabei nur eine geringe Rolle. Der Klang ist das mit Abstand wichtigste Auswahlkriterium für das Instrument. Einen gewissen Einfluss haben Freunde oder Familienmitglieder, die das gleiche Instrument bereits spielen. Immerhin etwa ein Viertel gab an, dass dies der Grund für ihre Instrumentenwahl war. Gut zwanzig Prozent der Musikschüler erwähnte, sie hätten sich für den Unterricht angemeldet ohne das Instrument vorher auszuprobieren. Hier besteht Verbesserungspotenzial für die Musikschulen.

Den Weg zur Musikschule finden die Musikschülerinnen und -schüler gleichermassen über Instrumentenvorstellungen, Tage der offenen Tür etc. der Musikschule sowie über Werbung in der Volksschule. Keine bzw. eine geringe Rolle spielen Zeitungsinserate oder die Website der Musikschule. Hingegen wurde häufig erwähnt, dass die Musikschule als einzige Institution dieser Art in der Gemeinde eine Art Monopolstellung geniesst.

Die Trends bei der Entwicklung der Fachbelegungen lassen sich auf folgende Ursachen zurückführen:

  1. Neue Lehrpersonen schaffen eine Nachfrage, indem sie sich mit grossem Einsatz um neue Schüler bemühen. Diese Trends sind rein lokal begrenzt.
  2. Veränderungen im Angebot wie die Einführung neuer Fächer (Keyboard, Bands, Pop/Rock-Gesang etc.) oder die Umwandlung des Blockflötengruppenunterrichts in ein reguläres (Einzel-)Unterrichtsangebot führen zu einer Zunahme der Fachbelegungen.
  3. Allgemeine Trends wie die Verbreitung eines Instruments in den Medien führen zu einer kurzfristigen Nachfrage nach speziellen Instrumenten wie Hackbrett. Auch der «virale» Aspekt von Trends spielt eine Rolle, d.h. wenn ein Trend einmal gestartet ist, verstärkt er sich von selbst bis zu einem gewissen Grad.

Für die Musikschulen lassen sich folgende Empfehlungen und Erkenntnisse für den Schulbetrieb gewinnen:

  • Das gesamte Angebot der Musikschule mit einem innovativen, breiten und klar strukturierten Fächerangebot sowie den vielen Konzerten und Projekten prägt das Bild der Öffentlichkeit und zieht neue Musikschüler an. Entsprechend sollte auch auf die Präsentation und Kommunikation dieses Angebots möglichst viel Gewicht gelegt werden.
  • Die Volksschule ist für die Musikschulen der wichtigste Partner, da sie der Garant ist, nahezu alle Kinder erreichen zu können. Die Zusammenarbeit mit der Volksschule bei der musikalischen Grundausbildung und bei Projekten wie dem Klassenmusizieren und Schulhauschören, -bands und Musikprojekten schaffen dazu eine ideale Basis. Eine Vertiefung der Partnerschaft zwischen Volks- und Musikschule sollte auf allen Schulstufen angestrebt werden.
  • Die Information und Werbung für neue Schülerinnen und Schüler ist dann erfolgreich verlaufen, wenn die Schülerzahlen an der Musikschule stabil sind im Verhältnis zur Anzahl Kinder in der Gemeinde und die Schüler das richtige Instrument bei der richtigen Lehrperson spielen, d.h. das Ergebnis sollte langfristig sein. Hierzu sollten im Rahmen des Qualitätsmanagements die Anmeldequote im Verhältnis zur Bevölkerung, die Zufriedenheit der Schüler sowie die Dauer des Besuchs des Unterrichts evaluiert werden.

Bedingung für eine erfolgreiche Arbeit an den Musikschulen sind professionelle und mit genügend zeitlicher Kapazität ausgestattete Schulleitungen, welche Veränderungen langfristig erfolgreich bewältigen können. Sie sind auch imstande, innovative Unterrichtsformen und -angebote im schulnahen Freizeitangebot Musikunterricht zu entwickeln und umzusetzen.

Martin Sonderegger, Mai 2013